Auswertungstagung - Forum Förderung von Kindern

05.05.2009

Forum Förderung von Kindern: Ergebnisse der Tagung vom 27.04.09 in Dortmund

Forum Förderung von Kindern: Ergebnisse der Tagung vom 27.04.09 in Dortmund
Nachfolgend geben wir Ihnen das Anschreiben an den Ministerpräsidenten des Landes NRW und die Präsidentin des Landtags, das als Ergebniszusammenfassung der Tagung verfasst worden ist, sowie die zentralen Forderungen, die während der Abschlussberatungen aufgestellt wurden, zur Kenntnis.

Schreiben vom 02.05.09 an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Regina van Dinther,  Präsidentin des Landtags NRW
Untersuchung zu Auswirkungen des Kinderbildungsgesetzes -
Vorstellung der Ergebnisse in einer Tagung am 27.4.2009

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Erste Ergebnisse der durch das Sozialpädagogische Institut der Fachhochschule Köln durchgeführten Untersuchung zu Auswirkungen des Kinderbildungsgesetzes wurden in der Tagung am 27.4.2009 in Dortmund vorgestellt.
Wir haben die Untersuchung in Auftrag gegeben, zumal wir einerseits bereits im Jahr 2006 auf die Notwendigkeit hingewiesen hatten, bei einer komplexen Veränderung der Förderungsgrundlage die möglichen Auswirkungen zu
evaluieren und möglichst erst, so wie dies auch in anderen Bundesländern vor entsprechenden Veränderungen erfolgt ist, zu erproben.

Da diese Empfehlung nicht berücksichtigt wurde, hatten wir die Durchführung eines Wirksamkeitsdialoges für die Neuregelung vorgeschlagen und, da dieser Empfehlung ebenfalls nicht nachgekommen wurde, selber Vorkehrungen getroffen, dass wesentliche Auswirkungen der zu erwartenden Neuregelung auch systematisch erfasst werden. Wir haben daher im Rahmen der uns möglichen Breite eine Untersuchung der Auswirkungen durch Befragung von  Leitungen, Mitarbeiterinnen und Eltern ermöglicht. Diese Erhebung wurde in der Zeit vom 12.1. bis 21.2.2009 auf der Grundlage einer Zufallsstichprobe bei 11 % aller Tageseinrichtungen bei den Leitungen und Mitarbeiterinnen sowie mit einem Elternfragebogen bei 10 % dieser Einrichtungen durchgeführt.

Nach einem Gültigkeitszeitraum von 7 Monaten liegt in Bezug auf die Auswirkungen des Kinderbildungsgesetzes damit eine, wenn auch nur auf einer eingeschränkten Grundlage, tendenzielle Zusammenstellung von ersten Einschätzungen vor, die u.a. die gesamten Trägerbereiche in repräsentativer Weise berücksichtigt.
Die ersten Ergebnisse dieser Erhebung wurden in einer Tagung am 27.4.2009 etwa 350 interessierten Personen vorgestellt und mit Vertreterinnen aus dem Bereich der Beschäftigen, Gewerkschaften, der Verbände und Fraktionen des Landtags NRW durch das Sozialpädagogische Institut der Fachhochschule Köln vorgestellt und anschließend auch unter Einbeziehung der Teilnehmenden ausführlich diskutiert. Leider war das eingeladene Fachministerium an der Veranstaltung nicht beteiligt.

Wir gehen davon aus, dass Sie über die ersten Ergebnisse der Untersuchung hinlänglich informiert sind, da sich ihr Haus um entsprechende Informationen bemüht hat.

Generell wurde im Laufe der Diskussion deutlich, dass sich die Leitungen, Mitarbeiterinnen und Eltern sehr differenziert mit der veränderten Lage zur Förderung von Kindern und den Veränderungen, die durch das KiBiz geschaffen wurden, auseinandergesetzt haben.
Grundsätzlich wurde deutlich, dass das KiBiz seinen Ansprüchen nicht gerecht wird und bereits nach 7 Monaten in der Praxis festgestellt wird, dass es einen erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt, zumal sich die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen verschlechtert haben und den Eltern kein bedarfsgerechtes und flexibles Angebot zur Förderung ihrer Kinder sowie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Verfügung steht.
Die Einschätzungen und Ergebnisse der Tagung wurden in vielfältigen Veröffentlichungen publiziert.

In der Tagung wurde den Teilnehmenden die Möglichkeit eingeräumt, dass sie mit einer persönlichen Einschätzung die ihnen wichtigen Aspekte zusätzlich auf einer Karte dokumentieren können. Wir hatten zugesichert, dass wir diese an Sie adressierten Karten unmittelbar an Sie weiterleiten. Daher erhalten Sie, Herr Ministerpräsident Dr. Rüttgers, in der Anlage die am Ende der Tagung abgegebenen Karten im Original. Eine Abschrift der Voten ist im übrigen in der Anlage beigefügt.

In den Voten wird vor allem immer wieder betont:
1. Das KiBiz sichert nicht die Voraussetzungen für die erforderliche Qualität der Arbeit in Tageseinrichtungen.
2. Es bedarf dringend der Verbesserungen der Rahmenbedingungen, vor allem in Bezug auf die personelle
Ausstattung.
3. Die Kindpauschalen sind nicht angemessen, so dass vor allem wieder die Spitzabrechnung der Personalkosten
der Mitarbeiterinnen erfolgen sollte.
4. Die Bedingungen für die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen, vor allem Regelungen für Ergänzungskräfte,
müssen verbessert werden.
5. Das KiBiz muss dringend überarbeitet werden – jetzt!

Die mit der Untersuchung festgestellten Unzulänglichkeiten des Kinderbildungsgesetzes sowie die Einzelvoten bestätigen die auch ansonsten von Beteiligten in der Praxis gemachten Erfahrungen, dass die im Vorfeld befürchteten Auswirkungen tatsächlich festgestellt werden können. Es ist damit zu rechnen, dass die Kritik an dem Gesetz auch bestehen bleibt und weitergehende Verschlechterungen erst noch deutlicher werden, zumal das Gesetz im Verhältnis zu den erwarteten Aufgabenstellungen unterfinanziert ist und von unzutreffenden Grundlagen bei der Bemessung der Pauschalen ausgeht, in dem die Personaldurchschnittskosten des Jahres 2005 berücksichtigt wurden.

Im übrigen entsprechen die getroffenen Regelungen nicht den Absichtserklärungen, die Sie als Oppositionsführer
unserem Forum Förderung von Kindern in Bezug auf die Rücknahme von Kürzungen aus der Zeit der Vorgängerregierung schriftlich angekündigt hatten oder als Verbesserungen im Hinblick auf das Verfahren und die zugesagte Verbesserung der Förder- und Arbeitsbedingungen im Koalitionsvertrag festgelegt worden war. Es wurde vielmehr deutlich, dass durch die Haushaltskürzungen im Jahr 2006 drastische Einschnitte im gesamten Kinder- und Jugendhilfebereich erfolgten und tatsächlich die Förderung der vergleichbaren Betriebskosten auch im Jahr 2009 nicht das Niveau des Jahres 2005 erreichen.
Es wurde mit der Erhebung zudem deutlich, dass die Ansätze zentraler ergänzender Förderprogramme, wie der Ausbau von Familienzentren und die Sprachförderung nicht in einer sinnvollen Weise ausgerichtet sind.

Vor diesem Hintergrund wird der Bedarf für kurzfristige Veränderungen des Kinderbildungsgesetzes im Hinblick auf einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Arbeit in Tageseinrichtungen nötig, zumal das Kinderbildungsgesetz vor allem zu Verschlechterungen bei der Förderung von Kindern unter 3 Jahren beigetragen hat. Für den notwendigen Ausbau der Angebote müssen nicht nur quantitative, sondern vor allem auch qualitative Verbesserung für die Angebote von Kindern aller Altersjahrgänge erfolgen. Der durch die Veränderung des SGB VIII notwendig gewordene Ausbau der Angebote für Kinder unter 3 Jahren ist insofern nicht als eine Leistung des Kinderbildungsgesetzes anzusehen, zumal dies auch auf der Grundlage des alten GTK unter wesentlich günstigern
qualitativen Bedingungen möglich gewesen wäre.

Eine grundlegendere Novellierung sollte bereits jetzt und nicht erst zu dem sowieso vorgesehenen Revisionszeitpunkt im Jahr 2011 erfolgen, zumal der Landtag mit den Beschlüssen zum Landeshaushalt bereits mehrfach die dem Gesetz durch die Landesregierung zugrunde gelegten Planungsdaten korrigiert hat, das Ministerium Regelungen des Gesetzes durch Erlasse modifizieren musste und Abgeordnete sowie der zuständige Minister selbst Veränderungsnotwendigkeiten am Gesetz sehen, bzw. nicht ausschließen.

Mit freundlichen Grüßen


Anlage: zentrale Forderungen
Während der Tagung wurden aus den Statements von Teilnehmen die nachfolgend genannten zentralen Anforderungen zur Verbesserung des Kinderbildungsgesetzes dokumentiert:

1. Es müssen gleiche Lebenschancen für alle Kinder sichergestellt werden.
2. Kindertageseinrichtungen als Bildungseinrichtungen müssen beitragsfrei besucht werden können.
3. Die Finanzierung der Tageseinrichtungen muss auskömmlich sein. Der Finanzierungsansatz über Pauschalen wird in Frage gestellt, zumal durch eine Spitzabrechnung der unterschiedlich hohen Personalkosten Verwerfungen vermieden werden könnten.
4. Die Mitbestimmung der Eltern ist zu verbessern und organisatorisch auch für ihre Zusammenschlüsse abzusichern.
5. Die Anliegen der Praxis müssen durch nachhaltiges Vertreten (Druck) auf Politik geltend gemacht werden.
6. Verbesserungen der Rahmenbedingungen (kleinere Gruppen – mehr Personal) sind jetzt und nicht erst nach Feststellungen im Rahmen der Revision 2011 zu realisieren.
7. Die Sprachförderung muss von den Erfahrungen der Praxis der Tageseinrichtungen aus gestaltet werden und zu grundlegenden Erweiterungen der Förderungsmöglichkeiten für eine integrative Sprachförderung führen.
8. Der Einsatz von Berufspraktikanten muss zusätzlich möglich und grundsätzlich nur mit Bezahlung ermöglicht werden.
9. Für alle eingruppigen Einrichtungen – also nicht nur die zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt bestehenden – soll ein Zuschuss gezahlt werden.
10. Auf die Buchungszeit „25 Stunden“ soll gänzlich verzichtet werden.

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